Sehr geehrte Unterstützer*innen des PSZ, liebe Freund*innen,
wir sind entsetzt über die erneute Gewalt in München und wünschen uns Unterstützung, Halt und Heilung, für all diejenigen, die davon betroffen wurden. Zugleich blicken wir blicken besorgt auf die aktuelle politische Lage und den aktuellen rechten Diskurs um Migration, der unsere Klient*innen unmittelbar betrifft. Unsere PSZ Vorständin und psychotherapeutische Direktorin Eva van Keuk hat dem Evangelischen Pressedienst bereits vorletzte Woche ein Interview https://www.epd.de/fachdienst/epd-sozial/schwerpunkt/politik/psychologin-zu-migrationsdebatte-wichtige-fragen-falsche gegeben und thematisiert dort die Auswirkungen der aktuellen Debatte auf die Verschlechterung der Symptomatik von psychisch belasteten Geflüchteten. Auch Menschen, die schon lange in Deutschland eingebürgert sind, haben unter anderem aufgrund der Pläne von Friedrich Merz konkrete Angst, dass sie das Land verlassen müssen. In unserem Klient*innenkontakt begegnen uns die Sorgen vor Abschiebungen nun täglich – unabhängig von einer konkreten Gefahr. Eine Klientin wollte sich bereits verstecken aus Angst vor Deportationen, von denen sie in den US amerikanischen Nachrichten erfahren hatte. Ein anderer Klient hatte Sorge, ob es nach dem 23.2. überhaupt noch sicher sein würde, zu einem Termin ins PSZ zu kommen. Einige dieser Stimmen lassen wir in diesem Newsletter zu Wort kommen.
Bei der Bundestagswahl am 23.02.2025 dürfen wir über den Rechtsruck abstimmen, während die meisten unserer Klient*innen nicht wählen können, obwohl es sie so sehr betreffen wird. Ein 17-jähriger, unbegleiteter Minderjähriger aus Afghanistan dazu: „Ich nenne es unseren Wahltag, weil es sich anfühlt wie meine zweite Heimat. Wenn ich wählen dürfte, dann würde ich für Menschenrechte wählen.“
Bitte gehen Sie zur Wahl und aktivieren Sie alle Menschen, denen die Rechte von Geflüchteten ebenfalls wichtig sind, ihre Stimme abzugeben!
Wir stellen Euch und Ihnen heute zudem unsere neue Mitarbeiterin Maria Shakura vor, die uns seit September 2024 im Sozial- und Rechtsteam unterstützt.
Zudem laden wir Euch und Sie herzlich zu unseren aktuellen Fortbildungen ein.
Stimmen von Klient*innen aufgrund der aktuellen politischen Lage
Eine Kollegin aus dem Rechtsteam berichtet: „Wir haben einen Fall einer afghanischen Familie, die über das Bundesaufnahmeprogramm bereits eine Einreisezusage hat und aktuell auf das Visum wartet. Sie verfolgt die deutsche Politik sehr genau und hat nun Angst, dass sie in Pakistan bleiben muß, bis sie wieder nach Afghanistan abgeschoben wird. Ich habe auch viele Anrufe von ehemaligen Klient*innen, auch solchen, die bereits eingebürgert sind. Sie haben auf Grund der Ankündigung von Merz, die Staatsangehörigkeit wieder entziehen zu können, Angst, dass es sie betreffen könnte. Ein Klient meinte beispielsweise: „Er meint doch Muslime, wenn er sagt „Straftäter mit mehreren Staatsangehörigkeiten…“, in deren Augen sind wir doch alle Terroristen“.“
Ein 18-jähriger Jugendliche erzählt: „Ich kann in den Medien und in den Augen der Menschen sehen, dass sie uns nicht hier haben wollen. In der Schule machen alle Scherze darüber, dass wir bald abgeschoben werden und auch die Lehrer sagen das, wenn wir über Politik sprechen. Im Koran steht, dass du das Haus des Anderen nur betreten sollst, wenn du dich gut benehmen wirst. Ich werde mein Bestes tun, mich gut zu benehmen und dann sehen wir, ob ich bleiben kann.“
Eine weitere Klientin erzählt:“ Ich habe die Nachrichten extra nicht verfolgt, sie rauben mir den Schlaf und die Alpträume werden wieder schlimmer. Aber jetzt hat ein Freund aus Kanada angerufen und gesagt, „Was ist los mit Euch in Deutschland? Wenn die AfD gewinnt, dann werden sie Menschen wie Dich abschieben“. Seitdem lese ich täglich die Nachrichten. Ich frage mich, wo auf dieser Welt endlich Ruhe sein kann, es einen Platz gibt und ich keine Angst haben muss. Ich weiß nicht, was nach dem 23.2. mit mir passieren wird.“
Ein Kollege aus dem psychologischen Team beschreibt: „Ein afghanischer Jugendlicher berichtete in der Therapiesitzung, es sei ihm peinlich aber er habe nach der Gewalttat in Aschaffenburg nicht zur Schule gehen können. Er sei traurig gewesen und er habe eine Woche nicht zur Schule gehen wollen aus Angst, dass Menschen ihn wegen seiner afghanischen Herkunft nun anschauen würden wie einen Terroristen. Sein Betreuer habe ihm nach einem Tag ohne Schule gesagt, dass er nicht die ganze Woche zu Hause bleiben könne. Vor dem Anschlag sei es ihm in der Schule gut gegangen. Seitdem aber habe er sich komisch angeschaut gefühlt, wie im Zoo. Aber heute sei er doch wieder zur Schule gegangen und er habe sich das erste Mal besser gefühlt, es sei für ihn wieder etwas normaler gewesen.“
Ein Klient fragt: „Ich habe heute in den sozialen Medien die Nachricht gelesen, dass die AfD dafür gestimmt hat, Menschen wie mich, die aus ihrem Land geflohen sind, abzuschieben. Gilt dieses neue Gesetz auch für mich? Sagen Sie mir bitte, seit wann ist dieses Gesetz in Kraft? Werde ich verhaftet und abgeschoben?“
Vorstellung einer neuen Kollegin: Maria Shakura
Mein Name ist Maria Shakura. Ich arbeite schon viele Jahre mit geflüchteten Menschen als Sozialarbeiterin. Seit September 2024 bin ich jetzt ein Teil des Sozialteams im PSZ mit einer vollen Stelle. Die letzten neun Jahre habe ich in einer regionalen Flüchtlingsberatungsstelle gearbeitet und viele unbegleitete minderjährige Geflüchtete durch ihr Asylverfahren begleitet und durfte miterleben, wie sie sich zu wundervollen Erwachsenen entwickelt haben, die dieses Land jetzt bereichern. Mein weiterer Schwerpunkt ist wegen meines sprachlichen Hintergrundes die Arbeit mit Menschen aus Afghanistan, Tadjikistan und dem Iran. Durch meine Begegnungen mit einzigartigen Klient*innen und Kolleg*innen in dieser Arbeit bin ich selbst gewachsen, habe Mut und Demut gelernt und meine politische Haltung entwickelt.
Das PSZ kenne ich schon viele Jahre durch eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit und ich fühle mich geehrt, jetzt auch Teil des Teams zu sein. Die klare menschenrechtliche Haltung, der empathische Umgang auf Augenhöhe mit den Klient*innen und unter Kolleg*innen und die hohe Professionalität der Arbeit im PSZ, die mit Wärme und Wertschätzung verbunden ist, beeindrucken mich sehr und haben es mir leichtgemacht, mich für das PSZ zu entscheiden.
Mein erster Eindruck war, dass das PSZ von innen wirklich genauso ist, wie es nach außen wirkt. Obwohl ich meine ehemaligen Kolleg*innen schmerzlich vermisse, fühle ich mich hier sehr wohl und angekommen und freue mich, wenn es mir gelingt, einen guten Beitrag für unsere gemeinsame Arbeit an der Seite unserer Klient*innen zu leisten und mich voll einzubringen. In einer Zeit, die von Entmenschlichung, Hass und Rassismus geprägt wird, bestärkt es mich sehr an einem Ort zu arbeiten, der diesem destruktiven gesellschaftlichen Trend aus Überzeugung etwas entgegensetzt und damit Raum für Heilung und Schutz schafft. Die Arbeit mit Menschen, die fliehen mussten, Krieg und Menschenrechtsverletzungen überlebt haben, gefoltert und traumatisiert wurden und fast alles verloren haben, ist eine tägliche Herausforderung und trotzdem seit 30 Jahren ein Teil meines Lebens, den ich für nichts eintauschen würde. Ich bin dankbar, dass meine Kinder, mein Glauben und ein etwas verrücktes Hobby mit dir Kraft geben, diese Arbeit auch nach so vielen Jahren mit der gleichen Überzeugung und Hingabe tun zu können.
Fortbildungsangebote für Februar 2025
Für alle Veranstaltungen sind verbindliche Anmeldungen erforderlich.
Am Montag, den 10.03.2025 (Teil 1) und
am Dienstag, den 11.03.2025 (Teil 2) von jeweils 10:00 – 16:00 Uhr:
„Social-Media-Medienerziehung“ mit Prof.Dr.Derya Gür-Seker (Professorin für Kommunikation und Gesellschaft mit Schwerpunkt Soziale Medien).
Das Angebot richtet sich an Fachkräfte der Ambulanten Hilfen zur Erziehung (SGB VIII).
Die Veranstaltung findet im PSZ Düsseldorf, im Gruppenraum in der 2.Etage statt.
Anmeldung unter https://eveeno.com/social_media_medienerziehung
Am Montag, den 17.03.2025 von 14:00 – 17:00 Uhr
„Trauma-Basis-Schulung, Umgang mit traumatisierten Geflüchteten“ mit Dr. Dima Zito und Ihsan Yücel.
Das Angebot richtet sich an Haupt- und Ehrenamtliche in der Geflüchtetenarbeit.
Anmeldung unter https://eveeno.com/trauma_basis_schulung
Save the Date:
25.-27.09.2025
„Ohne Schuld und Scham? Auswirkungen politischer Sprache auf psychische Gesundheit und gesellschaftlichen Zusammenhalt“ 18.Kongress des Dachverbandes der transkulturellen Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik im deutschsprachigen Raum (DTPPP) in Düsseldorf – weitere Infos folgen in Kürze auf der PSZ Homepage und auf der Homepage des DTPPP (https://www.dtppp.de).
Wir freuen uns, Sie und Euch auf der einen oder anderen Veranstaltung zu sehen.
Halten wir zusammen, in diesen schweren Zeiten!
Herzliche Grüße aus dem PSZ!